Kinder und digitale Medien

Latest Posts • 7. Juli 2022

Digitale Medien spielen in unser aller Leben eine immer größere Rolle – auch im Alltag unserer Kinder. Und vielen Eltern bereitet diese Entwicklung Sorge. Sie fragen sich, wie sie ihre Kinder vor den Gefahren der virtuellen Welt schützen können, wie sie ihren Kindern ein angemessenes Verhalten im Umgang mit Social Media und Co beibringen und wie sie die Kontrolle über den Medienkonsum ihres Nachwuchses behalten. Die Antworten auf diese Fragen sind eigentlich ganz einfach.

Gerade in den vergangenen zehn Jahren haben sich die digitalen Medien rasant entwickelt. Und auch die Nutzung digitaler Medien durch Kinder stieg enorm an. Beschleunigt wurde diese Entwicklung in den letzten beiden Jahren noch einmal durch die Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen. Die digitalen Medien mit ihren möglichen Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche sind zu einem stark polarisierenden Thema in unserer Gesellschaft geworden. Dabei gibt es eine ganz pragmatische Lösung, die ich so einleuchtend und einfach finde, dass ich sie gerne weitergeben möchte. 

Wichtige Fragen, einfache Antworten

Die Frage nach der “Bildschirmzeit” ist für viele Eltern eine wichtige Frage im Familienalltag. Digitale Medien ganz zu verbieten, kann keine Lösung sein, denn schließlich werden die Kinder früher oder später damit konfrontiert und müssen dann einen vernünftigen Umgang mit der virtuellen Welt erlernt haben. Aber wie viel ist zu viel? Wie setzt man am besten die Grenzen? Und: Wie behält man die Kontrolle?

Wer sucht, findet verschiedene Faustregeln für festgesetzte Zeiten wie 15 Minuten Bildschirmzeit am Tag für Kinder ab drei Jahren oder zehn Minuten Medienzeit pro Lebensjahr am Tag oder auch eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche. Solche Anhaltspunkte sind sicher nicht ganz verkehrt. Dabei wird jedoch ein wichtiger Punkt außer Acht gelassen: WARUM nutzen Kinder eigentlich digitale Medien?

Ausgehend von dieser Frage hat der Neurobiologe Gerald Hüther eine Antwort darauf gefunden, wie viel Zeit Kinder mit digitalen Medien verbringen sollten. Dabei geht es weniger darum, wie viel Zeit mit dem Medium verbracht wird, sondern darum, WIE diese Zeit verbracht wird. Denn eine angemessene Zeit ergibt sich daraus ganz automatisch. Hüther meint, man sollte digitale Medien als das sehen, was sie im besten Fall sind: als ein Werkzeug. Sehr kleine Kinder können ein Smartphone als Werkzeug noch kaum nutzen – außer vielleicht für das FaceTime-“Gespräch” mit Oma und Opa. Ältere Kinder können bereits in der digitalen Welt auf Entdeckungsreise gehen, Dinge “nachschlagen”, Informationen finden zu Themen, die sie interessieren, Kontakte zu Schulfreunden aufrechterhalten, Verabredungen treffen. Und irgendwann können digitale Medien sogar genutzt werden, um kreativ zu werden, um Videos aufzunehmen oder um zu fotografieren, Grafiken zu erstellen, es können Werke erschaffen werden und die digitalen Geräte dienen nicht der Berieselung. Auf diese Weise werden die positiven Seiten der digitalen Welt genutzt. 

Wirklich problematisch wird der Einsatz digitaler Medien, wenn sie bei Langeweile oder Frust und damit als Ersatzbefriedigung nicht gestillter Bedürfnisse funktionieren. Kindern wird dann die Möglichkeit verwehrt, die Regulation ihrer Gefühlswelt selbstwirksam zu erlernen und zu Lösungen zu kommen, die es im echten Leben einsetzen kann. Wer nicht gelernt hat, außerhalb der virtuellen Welt seine emotionalen Zustände zu steuern und seine Bedürfnisse zu stillen, bleibt abhängig von einem digitalen Gerät als Ersatz.

Begleiten statt kontrollieren

Ein weiterer Punkt, der Eltern umtreibt ist der nach der Kontrolle über die Inhalte, die ihre Kinder zu sehen bekommen. Natürlich kann man diverse Apps und Sicherheitseinrichtungen nutzen, um Kinder von bestimmten Inhalten fernzuhalten. Doch ab einem bestimmten Alter funktioniert das natürlich nicht mehr. Spätestens dann müssen Eltern ihre Hausaufgaben gemacht haben. Letztendlich ist es eine Vertrauensfrage – auch und vor allem vonseiten der Kinder. Denn ein Kind, das sich bei seinen Eltern gut aufgehoben fühlt und eine gute Beziehung zu seinen Eltern hat, wird sich mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit an die Eltern wenden, wenn es in der digitalen Welt auf fragwürdige Inhalte, Kontakte oder Schwierigkeiten stößt.

Interesse zeigen und begleiten ist daher langfristig wichtiger als die Einrichtung von Sicherheitsapps.

Fazit

Während 2014 jedes fünfte Kind zwischen 6 und 7 Jahren ab und an ein Smartphone nutzte, waren es 2019 bereits 54 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe. Und ab 10 Jahren besitzen bereits die meisten Kinder (75 Prozent) ein eigenes Gerät. Die Gefahr digitaler Mediensucht und Cybermobbings sind real. Doch auch der Nutzen der digitalen Welt zum Lernen, Forschen und kreativ werden. Damit Kinder die digitalen Medien vernünftig nutzen, braucht es vor allem Eltern, die diesbezüglich gute Vorbilder sind und ihre Kinder kompetent begleiten, anstatt zu kontrollieren. 

Ein interessantes Interview mit Gerald Hüther, bei dem es u. a. um das Thema Mediennutzung geht, findet Ihr hier.

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2022-07-06T09:25:57+00:00Juli 7th, 2022|

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